Fakten statt Mythen
Wir haben bei Menschen aus der Pflege nachgefragt.
Die „liebsten“ Vorurteile zur Pflege – und was dran ist!
Die Wahrheit ist:
Tom, was antwortest du darauf?
„Pflege ist viel mehr als Körper waschen und Hintern abputzen. Ich habe meinen Freunden mal gezeigt, was ich als „Hinternabwischer“ alles für eine Klausur lerne. Die sind bald ohnmächtig geworden.
Wir sind in der Pflege teilweise wie Freunde und Familie, denn viele Bewohner und Bewohnerinnen haben keine Angehörigen mehr. Und dann setzt man sich mit denen hin und redet. Für mich sind das dann nur 20 Minuten, aber für die Bewohner macht das den Tag zehnmal besser. Wir sind morgens auch Frisöre und Stylisten. Jeder hat individuelle Routinen, die wir begleiten. Jeder Tag in der Pflege ist anders. Man hat immer ein Abenteuer, wenn man morgens oder nachmittags zur Tür reinkommt.“
Tom Höhl – Auszubildender zur Pflegefachkraft
Regina, was denkst du über diese Aussage?
„Diese Reduktion der Pflege auf „satt“ und „sauber“ ist ein klassisches Vorurteil, was mich wirklich nervt. Ich denke, dass es viel mehr Sprache darüber braucht – auch von den Pflege-Profis selbst – den Beruf besser zu beschreiben. Den Beruf nicht bloß zu bewerben, sondern darüber zu erzählen, was genau sie an wertvollen Dingen in ihrem Berufsalltag leisten. Zum Beispiel über die sehr persönliche Begegnung, die zwischen der Pflegefachkraft und dem zu pflegenden Menschen stattfindet. Kombiniert mit meinem Fachwissen, was ich dabei anwende, um eine Situation gut aufzufangen oder Menschen durch die eigene Arbeit zu mehr Selbständigkeit anzuleiten. Oder auch Angehörige genau in diesen Situationen zu begleiten. Hier werden hohe Kompetenzanforderungen an die Pflegefachkräfte gestellt, die fernab von „satt“ und „sauber“ zu sehen sind. “
Regina Assel-Burmeister – Dozentin, Pflegeakademie Leichlingen
Die Wahrheit ist:
Anne, erzähle uns doch mal, wie das bei dir so ist!
„Ich würde nicht sagen, dass ich bei meiner persönlichen Vereinbarkeit große Einbußen durch meine Ausbildung zur Pflegefachkraft habe. Für mich stehen nach der Schule bzw. nach der Arbeit erstmal meine Kinder und Familie an erster Stelle, vor allem unter der Woche. Ich nutze deswegen meistens abends die Zeit zum Lernen, wenn die Kinder im Bett sind.
Das Einzige, was ich aufgrund meiner Ausbildung zurückstellen musste, ist das Thema Sport. Ich mache Sport im Verein und die Trainingszeiten dort passen nicht immer mit meinen Arbeitszeiten überein.
Ich habe am Wochenende auch nach wie vor Zeit für meine Freunde. Es sei denn, ich bin grad im praktischen Einsatz und habe am Wochenende Dienst, vor allem Spätdienst, dann bleibt da nicht so viel Zeit. Aber wenn ich im Frühdienst arbeite, habe ich trotzdem am Nachmittag Zeit.“
Anne Carouso – Auszubildende zur Pflegefachkraft und Mutter
Die Wahrheit ist:
Bonnie, wie empfindest du das?
„Das ist eine pauschale Aussage, die ich so nicht erlebe! In der Pflege bekommt man sehr viel Wertschätzung. Und zwar immer genau dann, wenn Menschen auf Pflege angewiesen sind und selber erleben, wie bedeutsam einfühlsame und kompetente Pflegefachkräfte sind. Häufig wird erst dann erkannt, welch wichtige Rolle sie im Gesundheitswesen einnehmen.“
Bonnie Schreiner – Sachgebietsleitung Pflege- und Wohnberatung, Rheinisch-Bergischer Kreis
Die Wahrheit ist:
Sigita, was antwortest du auf solch eine Aussage?
„Darauf würde ich antworten „Jein“. In meinen Augen hängt es davon ab, wie die Besetzung ist. Natürlich, wenn die Besetzung gering ist und einem dazu der eigene Anspruch in die Quere kommt, kann das zur psychischen Belastung werden. Wenn die Besetzung gut ist, bin ich der Meinung „Nein“, dann ist die Belastung keinesfalls zu hoch.
Für uns kann ich sagen, wir sind hier gut besetzt. Zudem haben wir bei uns bewusst Strukturen in unserem Arbeitsalltag verändert, um wieder mehr Zeit für die Menschen zu schaffen, zum Beispiel beim Abendessen. Ja, das hat einige Zeit gebraucht, dies in den Köpfen von uns allen zu verändern. Doch es lohnt sich.
Mir ist wichtig, dass an vielen Stellen wieder ein Umdenken stattfindet und Pflege als mehr begriffen wird, nicht nur Waschen, Medikamente geben oder dokumentieren. Auch das bewusste Zusammensein mit den Menschen zum Beispiel beim Essen und das Gespräch dabei – auch das ist Teil der Pflege. Das gehört dazu und ist wichtig, damit es unseren Bewohnern und Bewohnerinnen gut geht.“
Sigita Gemke – Einrichtungsleitung, Senioren-Park carpe diem
Die Wahrheit ist:
Andreas, wenn du das hörst, was antwortest du?
Er lacht. „Ja, wenn man sich in der Pflege umsieht, dann ist das ein Beruf, in dem sehr viele Frauen arbeiten. Ehrlicherweise erlebe ich Frauen in dem Job auch als einfühlsamer.
Gleichzeitig sind Männer in diesem Beruf wichtig, ganz klar. Es kommen auch mehr und mehr Männer in den Pflegeberuf, was ich persönlich super finde.
Ich finde allerdings auch, man muss nicht krampfhaft versuchen, alles anzugleichen und könnte sich manche Diskussion sparen. Natürlich würde ich jeden jungen Mann bestärken, einen Pflegeberuf zu ergreifen. Es ist in meinen Augen einfach wichtig, dass man Bock auf den Job hat. In der Pflege braucht es Leute, die menschlich denken und handeln. Das ist eine wichtige Eigenschaft für diesen Beruf. Ganz gleich, ob nun Frau oder Mann.
Andreas Neuber – Geschäftsführer, Mobile Pflege Moitzfeld GmbH
Die Wahrheit ist:
Pamela, wie siehst du das? Ist da was dran?
„Das muss nicht so sein. Gerade im Bereich Pflege gibt es eine große Anzahl und Vielfalt an Weiterbildungsmöglichkeiten und Studiengängen, die es ermöglichen Fachkenntnisse zu vertiefen, sich zu spezialisieren sowie Aufstiegsmöglichkeiten zu nutzen. Persönlich habe ich nach meiner Ausbildung zur Krankenschwester einen Bachelor of Science „Gesundheitsmanagement“ und dann berufsbegleitend einen Master of Arts „Management von Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen“ absolviert. Meine Berufsfelder nach dem Studium waren u.a. Qualitätsmanagement und Vorstandsassistenz im Krankenhaus sowie Leitungsassistenz und Controlling in einer Behörde.“
Pamela Drechsler – Stabsstelle Pflegefachkraftsicherung, Rheinisch-Bergischer Kreis